Kohlenhydrate für Hunde – ja oder nein?
Ob Kohlenhydrate in den Hundenapf gehören, daran scheiden sich die Geister. Während Kartoffeln, Nudeln, Reis & Co. ein fester Bestandteil von selbst gekochten Rationen sind, lehnen Barfer die Verwendung dieser Zutaten mit dem Hinweis darauf ab, dass sich der Wolf ja auch nicht vom Getreidefeld ernährt.
Das ist natürlich richtig! Hunde haben von Natur aus keinen Bedarf an Kohlenhydraten und können ihren Energiebedarf allein über Proteine und Fette decken. Eine klassische BARF-Ration, bestehend aus Fleisch, Innereien, Gemüse, speziellen Ölsorten und einem geeigneten Mineralpulver oder einzelnen Ergänzungen, deckt also alles ab, was der Hund braucht.
Kohlenhydrate in der Hundeernährung
Von BARF versprechen sich viele Hundebesitzer eine möglichst natürliche und artgerechte Ernährung ihres Hundes. Kohlenhydrate werden dabei abgelehnt, da sie nicht dem naturgemäßen Nahrungsspektrum des Wolfes entsprechen.
Aber mal ehrlich: Warum bekommt dann ein gebarfter Hund Bananen, Kokosflocken und Shrimps? Die stehen doch auch nicht auf dem Speiseplan des Wolfes?
Du als Tierbesitzer entscheidest, ob du in der Fütterung nur schwarz-weiß denkst. Es stimmt natürlich: Niemand muss Kohlenhydrate füttern, doch genauso wie Bananen, Kokosflocken und Shrimps dürfen auch Kartoffeln gegeben werden, wenn ich als Tierbesitzer das möchte.
Und dennoch gibt es in der Hundeernährung ein paar triftige Gründe, warum Kohlenhydrate als alternative Energieträger zu Fleisch und Fett sinnvoll sind:
- Nierendiät: Bei Nierenerkrankungen beispielsweise ist es erforderlich, die Zufuhr an Protein und Phosphor und folglich an Fleisch zu reduzieren. Damit der Hund in diesem Fall die durch die Fleischreduktion fehlenden Kalorien nicht über meist unverträglich hohe Fettmengen aufnehmen muss, sorgen weich gekochte kohlenhydratreiche Futtermittel wie z. B. Kartoffeln oder Nudeln für den notwendigen Energieausgleich.
- Fettarme Diät: Tiere, die kaum Fett vertragen oder aufgrund einer Bauchspeicheldrüsenerkrankung fettarm gefüttert werden müssen, profitieren ebenfalls vom Einsatz gekochter Kohlenhydrate, da diese selbst kaum Fett enthalten, aber gleichzeitig Energie liefern.
- Hoher Energiebedarf: Für die Leistungssportler unter den Hunden ist der Einsatz von gekochten Kohlenhydraten gleichfalls zu empfehlen, damit der Energiebedarf nicht durch extrem hohe Protein- und Fettmengen abgedeckt werden muss.
- Trächtigkeit und Laktation: Das selbst zubereitete Futter von trächtigen und laktierenden Hündinnen sollte ebenfalls Kohlenhydrate enthalten, da die noch ungeborenen Welpen ihren Energiebedarf hauptsächlich über Glukose (Traubenzucker) decken. Diese wird im Körper des Hundes durch Spaltung der aufgenommenen Stärke gewonnen. Auch der für die Milchbildung in der Säugephase wichtige Milchzucker kann effektiver aus Kohlenhydraten gebildet werden.
Darum stellt sich die Frage: Was spricht eigentlich dagegen, dem Hund anteilsmäßig Kohlenhydrate zu füttern?
Sind Kohlenhydrate schlecht/schädlich für Hunde?
Ein häufig vorgebrachtes Argument gegen die Verfütterung von Kohlenhydraten an Hunde ist, dass diese nicht zur natürlichen Nahrung eines Beutegreifers gehören. Doch ist es wirklich wider die Natur des Hundes, ihn mit Kohlenhydraten zu füttern?
Unsere Haushunde, die noch bis vor einigen Jahrzehnten mit Resten vom Tisch gefüttert wurden, haben sich zusätzlich im Laufe der Domestikation an die kohlenhydratreiche Nahrung des Menschen angepasst. Untersuchungen zufolge verfügen sie im Vergleich zum Wolf über zehn zusätzliche Gene, die für die Verdauung von Stärke von Bedeutung sind (Axelsson et al., 2013). Kohlenhydrate sind also für Hunde nicht komplett unverdaulich.
Ein weiterer schwerer Vorwurf, der gegen Kohlenhydrate ins Feld geführt wird: Kohlenhydrate machen Hunde krank! Ähnlich dem Menschen sollen Kohlenhydrate auch beim Hund die Entstehung von Übergewicht, Diabetes mellitus, Arthrose und Tumoren fördern. Doch wie beim Menschen sind dafür nicht die Kohlenhydrate an sich verantwortlich, sondern vielmehr die aufgenommene Menge. Erst wenn Kohlenhydrate überreichlich im Napf landen, werden sie für deinen Hund zum Problem! Oder andersherum: Nur weil man bei den oben genannten Erkrankungen diätetisch auf Kohlenhydrate verzichtet, wird man davon nicht automatisch wieder gesund …
Kohlenhydrate für Hunde – so machst du es richtig
Sind Kohlenhydrate unverträglich für Hunde, liegt das vor allem an folgenden Gründen:
- unsachgemäße Zubereitung
- zu rasche Futterumstellung
- Gabe zu großer Mengen
Darum hier die wichtigsten Tipps, wie Kohlenhydrate für deinen Hund zu einem gut verträglichen Leckerbissen werden!
Nur gekocht
Reis, Nudeln, Kartoffeln, Süßkartoffeln und andere Wurzelknollen (Pastinake, Maniok) wie auch Kürbis sind stärkereich. Stärke ist die pflanzliche Speicherform von Traubenzucker. (Glukose). Dabei sind viele einzelne Glukosemoleküle zu einer langen Kette aneinandergereiht.
Hunde können Stärke nur zur Energiegewinnung nutzen, wenn sie vorher durch Hitzeeinwirkung aufgeschlossen, d.h. in kleinere Bruchstücke zerlegt wurde. Dies lässt sich auf zweierlei Weise erreichen:
- Kochen: Damit stärkehaltige Zutaten für deinen Hund verwertbar sind, musste du sie sehr weich bis „matschig“ kochen, also mindestens 10 Minuten länger als für den Eigenbedarf.
- Flocken: Bei Flocken aus Kartoffeln, Süßkartoffeln, Reis oder auch Pseudogetreide wie Amarant wurde die Stärke bereits im Rahmen des Herstellungsprozesses durch Einwirkung von Druck und Hitze aufgeschlossen. Darum musst du sie vor der Zugabe zum Futter nur noch 5 Minuten lang in der dreifachen Menge Wasser einweichen. Achtung: Der Energiegehalt von 20–25 g Flocken entspricht dem von 100 g gekochten Kohlenhydraten.
Werden Kartoffeln, Reis oder Nudeln gekocht, quellen Stärkekörner unter Anwesenheit von Wasser und Wärme auf und sind enzymatisch abbaubar. Erkaltet das Futter wieder, verändert sich die Struktur der gequollenen Stärkekörner. Es bildet sich sogenannte resistente Stärke, die für den Hund nicht mehr gut verdaulich ist. Angetrocknete oder im Kühlschrank aufbewahrte Nudeln sind für deinen Vierbeiner also schlechter verträglich. Darum vorgekochte Kohlenhydrate noch einmal gut erhitzen, bevor du sie deinem Hund anbietest!
Langsam steigern
Hat dein Hund bislang wenig bis keine Kohlenhydrate erhalten, ist die Aktivität seiner stärkespaltenden Enzyme in der Regel gering. Wenn du ihm nun plötzlich eine Portion Nudeln vorsetzt, die vom Essen übriggeblieben sind, würde ihm das nicht gut bekommen. Zum einen sind die Nudeln für ihn nicht weich genug gekocht, zum anderen reichen die im Dünndarm tätigen Enzyme zur Stärkeverdauung nicht aus, um die Nudeln ordnungsgemäß zu verdauen. Unverdaute Stärke gelangt in Dickdarm und wird dort von zersetzt. Weicher Kot und Blähungen können die Folge sein.
Hunde können jedoch bei entsprechender Kost die Produktion stärkeverdauender Enzyme hochfahren und sie so dem Stärkegehalt der täglichen Fütterung anpassen. Das dauert allerdings ein 3–5 Tage. Darum solltest du stärkereiche Futtermittel nach und nach in die Ration deines Hundes integrieren. Beginne erst einmal mit einer kleinen Portion, die du dann über 3-5 Tage langsam steigerst.
Nicht zu viel
Im Gegensatz zu Katzen können sich Hunde einer stärkereichen Nahrung anpassen und zwar so gut, dass knapp zwei Drittel der Energie im Futter aus Kohlenhydraten stammen können. Erst bei einem noch höheren Kohlenhydratanteil wird die Verdauungskapazität für Stärke überschritten und es kommt zu Durchfall.
Bei selbst gekochtem Futter und Barf mit Kohlenhydraten liegt der Anteil an Kohlenhydraten jedoch üblicherweise bei 20–50%.
Gluten – Glutenfrei
Nicht immer sind die im Getreide enthaltenen Kohlenhydrate die Ursache von Allergien oder Futtermittelunverträglichkeiten. Auch Eiweiße wie Gluten kommen als Auslöser infrage, beim Hund im Vergleich zum Menschen allerdings nur sehr selten. Eine genetische Veranlagung besteht bei Border Terriern.
Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, verwendest du am besten glutenfreie Getreidesorten